castagir - 18. Jan, 01:00

Gegenfragen

Zwischen "auch mal sehen wollen" und Hütehund mit ständiger Bereitschaft zu spielen gibt es viele Facetten. Haben Grosseltern nicht auch das Recht, einfach mal (auch ruhig mal dauerhaft) nein zu sagen und ihre Ruhe haben zu wollen ? Sie hatten es schon nicht, als sie selber Eltern waren. Es ist einzig und allein ihre Entscheidung, ob sie wollen oder nicht, und ein ausgesprochener oder unausgesprochener Vorwurf falls sie sich weigern ist unangebracht. Die haben eigentlich schon getan, was von ihnen erwartet wurde, nämlich erfolgreich Kinder grossgezogen.

Haben Omas mit der Tatsache, dass sie selber Kinder in die Welt gesetzt haben, jegliches Recht auf ein eigenbestimmtes Leben verwirkt ? Oder reisst die Kette der Brutpflege wenigstens bei den Urenkeln dann mal ab, wenn die Uroma in die 90 ist und mit dem Kopf wackelt ? Darf sie dann nein sagen ? Oder vielleicht selbst dann nicht, weil sie ja eh in ihrem klapprigen Zustand nichts anderes mehr machen kann ?

Wer ist dafür verantwortlich, dass ein Kind da ist ? Wer hat die Entscheidung bewusst gefällt ? Die Oma ? Wen sollte man als erstes, zweites und drittes nach sozialem Verantwortungsgefühl fragen, wenn nicht die Eltern ?

Institutionen wie Schulen und Horte sind - wie auch Grosseltern - Erfüllungsgehilfen, um einem einen Teil der Mühe abzunehmen. Die einen können nicht anders, weil sie bezahlt werden es zu tun, die anderen können sehr wohl anders, weil sie erwachsene Menschen sind. Institutionen die es heute übrigens in einem früher nie dagewesenen Ausmass gibt, auch wenn alle Eltern sich natürlich auf jedem Level reflexhaft immer noch mehr Pflege, Schutz, Förderung und Unterstützung wünschen werden. Seltsamerweise wird dieser Wunsch aber immer nur an Dritte gestellt.

Ich habe manchmal den Eindruck, insbesondere Mütter verfallen langsam aber sicher in den Wahn, mit dem Verlassen des Kreisssals hätten sie ihre Schuldigkeit an "der Gesellschaft" getan, denn sie haben ja immerhin das Kind unter Schmerzen geboren, ab jetzt solle sich bitte "die Gesellschaft" darum kümmern. Reduziert auf diejenigen, auf die man angeblich einen Anspruch zu meinen hat. Eine bedrückende und in meinen Augen ziemlich armselige Einstellung.

Lehrer und Erzieher unterstützen Dich bereits, und zwar indem sie dem Kind was beibringen. Nicht genug ? Nicht so, wie Du es willst ? Du willst etwas Besseres als das, erwartest mehr ? Dann mach es selber ! Oder bezahl jemanden dafür, dass er es besser macht ! Auch Lehrer machen nur einen Job, um zu leben, und dazu haben sie auch das Recht. Und dass ein Lehrer oder Erzieher nach einem Tag mit 10 oder 20 Kindern keine Lust mehr hat, auch nur eine einzige "wohlmeinende Überstunde" zu opfern, sondern sich gepflegt dem Suff des Vergessens hingibt, das kann ich absolut nachfühlen, auch wenn ich dieser Berufsgruppe überhaupt nichts abgewinnen kann und mit ihnen ständig im Clinch liege. Trotzdem haben sie ein Recht darauf, keine Heilsbringer zu sein sondern lediglich ihren Job zu machen, und dann nach Hause zu gehen.

Was ist so schlimm daran, dass sich nicht mehr jeder traut, Kinder zu haben ? Zeugt das nicht davon, dass ein paar Leute wenigstens überlegen, bevor sie es tun ? War es damals besser, als man fröhlich ein halbes Dutzend Kinder in die Welt gesetzt hat, ohne ihnen auch nur den Hauch einer Chance auf eine Bildung oder eine Zukunft bieten zu können ? Ich bin heilfroh um jedes Kind, dass es genau deshalb nicht gibt, weil die Eltern zum Glück vorher herausgefunden hatten, dass sie es alleine nicht stemmen werden, und weil die Eltern genug Moral hatten eben nicht schon vorab einen Teil der Verantwortung an die allzeit als willig angenommenen Grosseltern abzuschieben oder auf die Institutionen, die ihnen gefälligst in beliebigem Umfang zu helfen haben, weil es ja gerade heute so ungeheuer schwer ist, ein Kind zu haben. Viel schwerer als damals.

Ja, Kinderkriegen IST egozentrisch, wenn man implizit von seiner Umwelt verlangt, einem einen Teil der Mühe damit abzunehmen, und sich dann auch noch aufregt, wenn die Umwelt dazu ihre eigene Meinung vertritt.

Noch eine provokante Frage zum Abschluss, weil wir gerade beim Stichwort egozentrisch sind: Für wen genau wäre es unendlich traurig, ausser für Dich ? Bist Du Dir ganz sicher, dass jeder, der mit Deinen Kleinen zu tun hat, zu jeder Zeit Deiner Meinung wäre ? Denk ruhig mal darüber nach, wenn Du von egozentrisch sprichst.

Webcat72 - 18. Jan, 08:59

Erstens, bezahlen eine Menge Leute eine Menge Geld für bestmögliche Kinderbetreuung. Zweitens reicht es ja oft schon wenn Großeltern dann einspringen, wenn sie nicht auf Reisen sind oder wichtige Dinge vor haben, d.h. Lust haben, aber vielleicht treten sie die Reise auch mal zwei Tage später an, weil wichtige Termine bei den Eltern anstehen. Absprachesache. Drittens: Wer zahlt die Rente dieser ihrer Meinung nach ach so edlen freiwillig (!) kinderlosen Paare (DINKS und DILDOS - " = double income dog only") und erbringt all die Dienstleistungen, die sie sich im Altern dann erkaufen müssen? Wir haben einen Generationenvertrag und der endet nicht mit Eintritt in die Rente für die hoffentlich nächsten 25 Lebensjahre. Schließlich haben wir Mittelgeneration ja ebenfalls die Aufgabe, daran mitzuwirken, dass unsere Rentner ein gutes Leben Leben können. Das sehe zumindest ich so.

Und weil Sie von früher reden: früher war es selbstverständlich, dass die Kinder in Großfamilien mit Onkels/Tanten/Opas/Omas aufwuchsen und das zumindest war sicher in den meisten Fällen nicht schlecht für die Kinder.

Und: Bei uns war es sogar so, dass die Lehrer sich durchweg freuten, da wegen eines Nachzüglersdie Klasse geteilt werden konnte, und eine Kollegin an der Schule daher ihren Job behalten hat. Und die Kleine sichert meines Erachtens ebenfalls anteilig einer Erzieherin ihren Job, was diese gottseidank auch so sehen und vor Überstunden nicht zurückschrecken und super daran arbeiten, die Kinder nicht nur zu verwahren. Aber wie gesagt, es handelt sich um eine vergleichsweise teure, private Krippe mit Platzangebotsüberschuss. In den meisten anderen Städten ist die Lage anders ... . Hier auf dem Land können Sie übrigens gerade wunderbar beobachten, was passiert, wenn allmählich die Kinder fehlen. Es ist schrecklich und das sagen gerade auch die Älteren und Alten.

Meine Meinung: Verantwortung für die Gesellschaft ist nicht nur eine Phase, sondern gilt in vertretbarem Umfang ein Leben lang. Für jeden innerhalb seiner Möglichkeiten und seinem Talent. Sonst funktioniert eine Gesellschaft nicht. Es ist ja schön für Sie, wenn Sie sich Kinder als Luxusgut, ihr Eigentum und Mittel zu Ihrer Selbstverwirklichung leisten. Meine Perspektive ist da eine andere: Die, dass eine Gesellschaft in der Kinder nichts völlig Normales sind, pathologisch ist.

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